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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 16.11.2007
Aktenzeichen: 13 Ta 524/07
Rechtsgebiete: RVG, BetrVG
Vorschriften:
RVG § 23 | |
BetrVG § 23 Abs. 3 | |
BetrVG § 75 |
Tenor:
Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 04.07.2007 - 7 BV 299/06 - wird zurückgewiesen.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrates hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer Gebühr von 40,00 € zu tragen.
Gründe:
I.
Im Ausgangsverfahren erster Instanz hat der Betriebsrat, namentlich gestützt auf § 23 Abs. 3 BetrVG, folgenden Ansprüche gegenüber der Arbeitgeberin geltend gemacht:
1. Duldung der Anwesenheit eines Betriebsratsmitgliedes bei bestimmten Mitarbeitergesprächen;
2. Untersagung der Missbilligung von Arbeitnehmern, die in bestimmten Situationen den Betriebsrat aufgesucht haben;
3. Untersagung der aktuellen und zukünftigen Verwendung einer arbeitsvertraglichen Verrechnungsabrede.
Die antragsabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts wurde mit einem noch nicht rechtskräftigen Beschluss der 10.Kammer des Landesarbeitsgerichts bestätigt.
Auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 04.07.2007 den Gegenstandswert auf insgesamt 12.000,00 € (jeweils 4.000,00 €) festgesetzt. Hiergegen richtet sich seine Beschwerde, mit der er begehrt, einen Gegenstandswert in Höhe von 56.000,00 € zu bestimmen. Wegen des überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrades müssten in den Fällen a) und b) jeweils 8.000,00 € in Ansatz gebracht werden, während wegen des erheblichen wirtschaftlichen Wertes der Verrechnungsabrede für die Arbeitgeberin vergangenheits- und zukunftsbezogen jeweils mindestens 20.000,00 € berücksichtigt werden müssten.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die gemäß § 33 RVG zulässige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates ist unbegründet.
Bei der Bemessung des Gegenstandswertes für ein Beschlussverfahren ist von § 23 Abs. 3 S. 2, 2 Hs. RVG auszugehen. Danach ist der Gegenstandswert auf 4000 €, je nach Lage des Falles aber auch niedriger oder höher bis zu 500000 € anzunehmen, sofern es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Hiervon ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren immer dann auszugehen, wenn um die Beachtung betriebsverfassungsrechtlich verankerter Positionen gestritten wird, weil die Begehren weder auf Geld noch auf eine geldwerte Leistung gerichtet sind und auch ihre Grundlage nicht in einem Verhältnis haben, dem ein Vermögenswert zukommt (vgl. BAG NZA 2005, 70; LAG Hamm LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rn. 313).
1. Hiervon ist in den Fällen der Anträge zu a) und b) ohne weiteres auszugehen. Aber auch bei den Anträgen zu c) stützt sich der Betriebsrat auf ein aus § 75 BetrVG abgeleitetes Überwachungsrecht und leitet daraus einen Unterlassungsanspruch ab, macht also Rechte nichtvermögensrechtlicher Art geltend.
2. Die danach einschlägige Auffangvorschrift des § 23 Abs. 3 S. 2, 2 Hs. RVG mit ihrem außerordentlich weiten Bewertungsrahmen und dem Hilfswert in Höhe von derzeit 4000 € stellt die Rechtsprechung vor die Aufgabe, die in Beschlussverfahren infrage kommenden Streitgegenstände in ein Bewertungssystem einzubinden, das falladäquate Abstufungen zulässt und zugleich tragenden Grundsätzen des Arbeitsgerichtsprozesses ausreichend Rechnung trägt; erforderlich ist die Herausarbeitung typisierender Bewertungsgrundsätze, um zu einer gleichförmigen und damit den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrenden Rechtsanwendung zu gelangen (LAG Hamm EzA ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 70; Schneider, Anm. zu BAG EzA ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 36; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rn. 443).
Maßgebend ist allerdings immer die "Lage des Falles"; es bedarf also einer auf die konkreten Umstände des einzelnen Verfahrens abgestellten Wertfestsetzung.
Was die maßgeblichen Einzelfallumstände angeht, kann auf die vergleichbare Regelung zur Bewertung nichtvermögensrechtlicher Streitigkeiten in § 37 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG zurückgegriffen werden, wonach es in erster Linie auf die Bedeutung der Angelegenheit ankommt; daneben kann im Einzelfall der Umfang sowie die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit eine Rolle spielen (vgl. BVerfG NJW 1989, 2047; siehe auch § 48 Abs. 2 S. 1 GKG).
Mit der Bedeutung der Angelegenheit als Ausgangspunkt der Bewertung ist die Tragweite der gerichtlichen Entscheidung für die materielle und ideelle Stellung der Betroffenen angesprochen, was ihnen selbst die Sache "wert" ist. Die daneben zu berücksichtigenden Gesichtspunkte des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit müssen in Relation zur Bedeutung der Sache gewichtet werden. Entspricht also der anwaltliche Arbeitsaufwand von seinem Umfang und seiner Schwierigkeit her typischerweise der Bedeutung der Sache, bleibt es bei deren Bewertung; die Bedeutung ist also letztlich das ausschlaggebende Moment für die vorzunehmende Wertfestsetzung (BVerfG, a.a.O.; LAG Hamm LAGE BRAGO § 8 Nr. 50).
Andererseits ist der in Beschlussverfahren zum Ausdruck kommenden Grundtendenz Rechnung zu tragen, wonach die dem Arbeitgeber gem. § 40 Abs. 1 BetrVG obliegende Verpflichtung, die außergerichtlichen Kosten zu tragen, nicht zu einer unangemessenen Belastung führen darf (LAG Hamm EzA ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 70; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rn. 444; vgl. auch § 37 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG und § 48 Abs. 2 S. 1 GKG). Damit steht wiederum die Sonderbestimmung des § 2 Abs. 2 GKG in Einklang, wonach in Beschlussverfahren keine Gerichtskosten erhoben werden.
Nach alledem ist also ein Wert zu finden, der für den Rechtsanwalt angemessene und für den Arbeitgeber tragbare Gebühren ergibt (LAG Hamm LAGE BRAGO § 8 Nr. 50).
Wenn deshalb das Arbeitsgericht in allen drei Fällen jeweils den einfachen Ausgangswert des § 23 Abs. 3 S. 2 2. HS RVG in Ansatz gebracht hat, ist das nicht zu beanstanden.
Was die Duldung der Anwesenheit von Betriebsratsmitgliedern bei bestimmten Mitarbeitergesprächen und die Untersagung der Missbilligung von Arbeitnehmern, die in bestimmten Konstellationen den Betriebsrat aufgesucht haben, angeht, ist der Bedeutung beider Angelegenheiten, die keine besonderen Schwierigkeiten aufweisen, durch einen Gegenstandswert von jeweils 4.000,00 € (mehr als) ausreichend Rechnung getragen worden.
Auch hinsichtlich der Problematik der aktuellen und zukünftigen Verwendung der arbeitsvertraglichen Verrechnungsabrede ist ein Gesamtgegenstandswert in Höhe von 4.000,00 € angemessen.
Dabei ist der vom Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates als maßgeblich geltend gemachte "erhebliche wirtschaftliche Wert" für die Arbeitgeberin unberücksichtigt zu lassen, weil es sich im Verhältnis der beiden Betriebspartner ausschließlich um eine Streitigkeit nichtvermögensrechtlicher Art handelt. Der Betriebsrat hat nämlich auf kollektiver Ebene ein aus bestimmten betriebsverfassungsrechtlichen Normen abgeleitetes Unterlassungsbegehren verfolgt - und nicht gegebenenfalls nur in Individualverfahren geltend zu machende Vermögensinteressen einzelner Arbeitnehmer, die von der Verrechnungsabrede aktuell oder zukünftig betroffen sind (vgl. LAG Hamm, Beschl. v. 23.07.2007 - 13 Ta 242/07).
Die Entscheidung über die Auferlegung der Gebühr in Höhe von 40,00 € beruht auf § 1 S. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 19.03.2007 - 10 Ta 97/07; Beschluss vom 23.04.2007 - 13 Ta 130/07).
Ende der Entscheidung
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